Ein Interview mit Jörn Wolf, Mediendirektor des Hamburger SV
Jörn Wolf weiß, wie Sportjournalisten ticken, was sie für ihre Arbeit brauchen. Jahrelang berichtete er als Reporter über den Hamburger SV. Heute ist er als Mediendirektor des Hamburger Traditionsvereins für den gesamten Kommunikationsbereich verantwortlich. Im Interview spricht Jörn Wolf unter anderem über Berufsethos und die Geschwindigkeit der Medien.
Herr Wolf, was erwarten Sie als Mediendirektor des Hamburger SV von einem guten Sportjournalisten?
Jörn Wolf: Ich halte es für wichtig, dass man seinen eigenen Idealen folgt und sich nicht so von dem ganzen Drumherum treiben lässt. Der Journalist sollte es in diesem Mediendschungel schaffen, für seine eigenen Inhalte zu stehen. Genau das erlebe ich heute immer weniger. Es ist schade, dass so ein Einheitsbrei verbreitet wird. Ich finde es ganz angenehm, wenn jemand mal einen ganz anderen Ansatz hat und sich was traut, kreativ und mutig ist. Außerdem sollte der Journalist die Fähigkeit zur Kommunikation haben, die Lust sich auszutauschen und seine Ideen mit der anderen Seite zu besprechen. Ich bin dann der Erste, der dem Journalisten das nötige Feedback gibt.
Sie haben selbst jahrelang als Sportjournalist gearbeitet. Inwieweit hat sich der Sportjournalismus in den letzten Jahren verändert?
Jörn Wolf: In den letzten Jahren hat sich natürlich viel verändert. Als ich selbst noch als Reporter über den HSV berichtet habe, stand ich mit drei bis vier Kollegen auf dem Parkplatz und habe mir das Training angesehen. Hinterher habe ich mit den Spielern gesprochen. Es gab da gar nicht so eine festgezurrte Organisation von Seiten des Vereins. Heute hat das Interesse, auch nach der WM 2006, im eigenen Land enorm zugenommen. Es gibt eine viel größere Aufgeregtheit, einen viel größeren Druck, schnell eine gute Geschichte abzuliefern, die teilweise schlecht oder gar nicht recherchiert ist. Früher brauchte man zwei bis drei Fakten für eine Geschichte. Heute reicht oft schon ein Gerücht. Vieles ist da nur Show.
Was wollen Sie als Mediendirektor des Hamburger SV erreichen?
Jörn Wolf: Mir geht es in erster Linie darum, den Platz, den die Medien dem HSV zur Verfügung stellen, bestmöglich zu füllen. Und da habe ich schon den Anspruch an mich, an meine Spieler, an den Trainer und den Vorstand, dass wir gemeinsam diesen Platz füllen. Das bedeutet natürlich, dass wir selbst tagtäglich Themen setzen, die wir dann auch über die uns zur Verfügung gestellten Plattformen transportieren können.
Inwieweit hat sich ihre Arbeit durch die Online-Berichterstattung verändert?
Jörn Wolf: Ohne Zweifel hat das Internet in den letzen Jahren eine immer größere Bedeutung bekommen. Die Berichterstattung ist um einiges schneller geworden. Eine Information, ob richtig oder falsch, kann in wenigen Minuten publiziert werden. Und dann hast du als Verein kaum noch die Möglichkeit, mit den Leuten, die meist nicht immer vor Ort sind, über das Thema zu sprechen. Die Situation ist sehr fordernd. Man muss als Pressesprecher immer in Bewegung bleiben.
Wie viele Presseanfragen gehen bei Ihnen in der Woche etwa ein?
Jörn Wolf: Es hängt sehr vom Erfolg der Mannschaft ab. Wenn der Gesamterfolg der Mannschaft ausbleibt und es keinen herausragenden Spieler gibt, werden natürlich auch die Interviewanfragen weniger. Da muss man noch mehr Inhalte selber kreieren und transportieren. Ich denke, momentan haben wir in der Woche ungefähr über 100 Presseanfragen. Man muss natürlich gewichten. Das reicht vom großen Interview einer Tageszeitung bis zu einem Statement vom Trainer für die gegnerische Fan-Zeitung.
Welcher journalistische Beitrag hat Sie über den Hamburger SV oder einen Spieler in letzter Zeit sehr bewegt?
Jörn Wolf: Da gab es eine Reportage vor etwa zwei bis drei Monaten in der „Sport Bild“ über einen jungen Spieler, der aus seinem Heimatland Afrika flüchten musste. Der dann über Umwege nach Hamburg gekommen ist. Glücklicherweise konnte er im Nachwuchszentrum des Hamburger SV Fuß fassen. Heute hat er wieder Spaß am Leben. Die Reportage hat mich schon sehr bewegt und ist mir sehr in Erinnerung geblieben. Es zeigt aber auch: Nachwuchsarbeit kann einen hohen sozialen Faktor haben.
Herr Wolf, vielen Dank für das Gespräch.