Wie ein Kochrezept

Interview mit Claudio Höll, der seine Erfahrung als Konzepter in die Aufbereitung der Inhalte des Buches eingebracht hat.

Welche Erfahrungen im Magazinjournalismus hatten Sie schon, bevor Sie zum Mitautor des Buches wurden?

Die Praxiserfahrung aus dem Magazinjournalismus hat vor allem Kim Otto mitgebracht. Er und Andreas Elter haben zudem auch eine große Lehrerfahrung, was ja für ein Lehrbuch sehr wichtig ist. Ich habe journalistische Erfahrung aus Hospitanzen und freier Mitarbeit eingebracht.

Porträtfoto von Claudio Höll in schwarzweiß.
Claudio Höll beim Interview in München

Was war Ihre Aufgabe?

Meine Aufgabe war vor allem die inhaltliche Aufbereitung. Die Überlegung war: Was könnte die Lesenden interessieren? Was braucht es, um jemanden abzuholen, der vielleicht noch kaum was vom Thema weiß? Ich habe dann das meiste von dem strukturiert und aufbereitet, was wir in gemeinsamen Diskussionen erarbeitet haben. Auf dieser Basis habe ich die Grundlagen, die am Anfang im Buch behandelt werden, zusammengestellt. Das ist so etwas wie ein Kochrezept im Magazinjournalismus, das sich auch in anderen journalistischen Bereichen verwenden lässt.

Was war Ihr wichtigster Erkenntnisgewinn aus dem Buch?

Ich fand es wichtig, mir mal strukturiert Gedanken darüber zu machen, wie man einen Beitrag überhaupt aufzieht. Aus welchen Bestandteilen setze ich den zusammen? In welchen unterschiedlichen Rollen treten die Akteure darin auf? Ich hoffe, dass das ein Punkt ist, den Lesende hilfreich finden: sich auf strukturierte Weise die „Zutaten“ eines Magazinbeitrages heranzuziehen.

Denken Sie dabei vor allem an Studierende oder auch an andere Rezipient*innen?

Es richtet sich schon primär an diejenigen, die es mal umsetzen sollen. Vieles davon lässt sich auf andere Gattungen und Formate sehr gut übertragen. Aber sicher könnte es für „normale“ Zuschauer interessant sein, mal hinter die Kulissen zu schauen und zu verstehen, wie so ein Beitrag zusammengesetzt wird.

Wie sehen Sie die Zukunft des Magazinjournalismus mit Blick auf Social Media und die Digitale Transformation, die ja auch im Journalismus vieles herumwirbelt?

Beim Fernsehen wird der Journalismus und die Information immer wichtig bleiben, trotz konkurrierender Angebote. Direkte Konkurrenz zum Fernsehen sind zum Beispiel Streaminganbieter mit ihren fiktionalen Geschichten. Tagesaktuelle oder hintergründige Beiträge wird man bei einem Streaminganbieter nicht unbedingt finden. Im Fernsehen wird es jedoch immer das geben, was ein Magazin im Kern bietet.

Gerade in einer Zeit sich überlagernder Krisen gibt es diesen großen Bedarf an tief recherchierten und gut erzählten Geschichten.

Gerade in einer Zeit sich überlagernder Krisen gibt es diesen großen Bedarf an tief recherchierten und gut erzählten Geschichten. Das wird weiterhin im Fernsehen passieren. Das muss ich mir nicht unbedingt nur linear auf dem üblichen Sendeplatz ansehen, sondern kann es in der Mediathek sehen wann ich will.

Zudem wird sich eine Tendenz ausweiten, die wir heute schon sehen. Es werden noch mehr Recherchen von internationalen Recherchekollektiven realisiert werden. Die Ergebnisse fließen nicht nur in ein einziges Fernsehmagazin.

Gibt es da zunehmend mehr internationale Kommunikation und Austausch zwischen Sendern oder Magazinen?

Es gibt Kommunikation und auch Zusammenarbeit, weniger zwischen einzelnen Magazinredaktionen aus verschiedenen Ländern, sondern mehr über diese Rechercheverbünde und -kollektive. Da gibt es ein gutes Beispiel in einer Monitor-Sendung. Es geht um Geflüchtete, die unter menschenunwürdigen Bedingungen auf griechischen Fähren transportiert werden. Das hat eine internationale Gruppe von Journalisten recherchiert.

Transfer von journalistischen Kompetenzen

Sie arbeiten heute als Konzepter im E-Learning-Bereich. Welche Aspekte des Magazinjournalismus helfen Ihnen in diesem Arbeitsfeld?

Wenn die Inhalte mal da sind, dann gibt es doch viele Parallelen zum Journalismus, würde ich sagen. Eine lebendige Schreibe ist auch von Vorteil, wenn es um Lernen und Lerninhalte geht.

Also auch in E-Learning-Formaten sind die journalistischen Tugenden und Fähigkeiten von Nutzen?

Absolut. Mehrere meiner Kolleg*innen bringen journalistische Erfahrung mit, das ist schon fast Voraussetzung. Was vor der Darstellung des Inhalts liegt, die Recherche, das unterscheidet sich deutlich. Aber was Aufbereitung und Geschichtenerzählen, Formatwahl und Medienmix angeht, da gibt es schon viele Parallelen.

Im E-Learning-Bereich steht am Anfang immer eine intensive Auseinandersetzung mit der Zielgruppe. Wo steht die jetzt? Wie kann ich die packen? Das tut ja ein guter journalistischer Beitrag auch. Der hat die Rezipient*innen vor Augen und denkt über sie nach. Wenn man am Anfang klar ist und versteht, wo man hin möchte und was man vermitteln möchte, schärft es den eigenen Blick. Aber das ist etwas, das Journalisten ganz automatisch tun.

Claudio Höll arbeitet als Konzepter im Bereich E-Learning in München. Zuvor war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Wirtschaftsjournalismus und Wirtschaftskommunikation an der Universität Würzburg. Journalistische Erfahrung sammelte er beim Bayerischen Rundfunk, der Main-Post und im ARD-Studio New York. Er studierte Wirtschaftsjournalismus und Psychoökonomik in Würzburg, Konstanz und Brasilien.