„Blogs spielen fast keine Rolle“ schreibt die Macromedia-Hochschule in ihrer Pressemitteilung vom 31. August. Die private Hochschule hat ihre Studierenden eine Studie zum partizipativen Journalismus im Super-Wahljahr 2011 durchführen lassen. Der partizipative Journalismus habe sich in Deutschland noch nicht durchgesetzt, heißt es.
Wie die Studie zu diesem Ergebnis kommt, bleibt allerdings unklar. Untersucht wurden 1.679 Artikel in 17 lokalen, regionalen und überregionalen Zeitungen sowie von sechs Blogs, jeweils zwei Wochen vor und nach den Landtagswahlen von Hamburg, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bremen. Die Inhaltsanalyse ergab laut Pressemitteilung zweierlei: Fast 94 Prozent der Beiträge weisen keinen Bezug zu Internetangeboten auf. Ausgewertet wurde die Berichterstattung der „führenden Blogs in den Bundesländern“ – auch sie hatte, so die Studie, „keinen nennenswerten Einfluss auf die Blätter, in einigen Ländern konnten gar keine regional bedeutsamen Social Media-Formate ermittelt werden.“
Während man sich noch fragt, wo die Hochschullehrer denn nach Social-Media-Formaten gesucht haben außer in der Tagespresse, wundert man sich über die Absolutheit der Aussage. Denn die Studie ergibt lediglich: Beim Thema Landtagswahlen beziehen sich Tageszeitungen eher nicht ausdrücklich auf das, was in Blogs, Twitter, Facebook, Google+ diskutiert wird. Immerhin beschäftigten sich offenbar sechs Prozent der untersuchten Zeitungsbeiträge explizit mit Inhalten aus Social-Media-Plattformen.
Wie wurden die Themen eingegrenzt? Nach welchen Kriterien die Beiträge ausgewählt, nach welchen beurteilt? Wie hat die Hochschule festgestellt, dass sich die Journalisten nicht doch durch ihre Online-Kontakte über Social Media, Twitter oder Blogeinträge haben anregen lassen (sie nennen ja nicht immer den Weg, auf dem Informationen sie erreicht haben)? Methodisch bleibt einiges offen. Die Schlussfolgerung „Der partizipative Journalismus hat sich in Deutschland noch nicht durchgesetzt“ erscheint vor diesem Hintergrund, nun ja, gewagt.
Doch die Macromedia-Hochschule ringt sich noch zu einer zweiten Stellungnahme durch. Sie hat nämlich herausgefunden: „Regionale Printmedien bieten Qualitätsjournalismus“!
Das mag ja stimmen, aber wie wird die Aussage belegt? „49 Prozent der Artikel (orientierten sich) an direkten Themen zur Landespolitik, 25 Prozent betrafen das zur Wahl stehende politische Personal. Die Berichterstattung beruhte dabei zu mehr als der Hälfte auf eigenen Recherchen der Journalisten, hinzu kamen etwa weitere 30 Prozent selbst geführte Gespräche und Interviews – nur selten waren andere Medien, Agenturberichte oder Internetangebote die Quelle. – Aha. Also die Themenauswahl macht den Qualitätsjournalismus aus? Die Konzentration auf das politische Personal, also die (oft beklagte) Personalisierung der Politik? Auch der Verzicht auf weitere Quellen und Recherchen?
Leider verrät die Pressemitteilung nicht mehr zu den Kriterien und den Methoden, mit denen die Ergebnisse dieser Studie erzielt wurden – nur, dass es sich um ein gemeinschaftliches Projekt des Fachbereichs Journalistik an den Standorten München, Stuttgart, Köln und Hamburg handelt. Die Pressemitteilung kündigt an: „Nach den letzten beiden Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin soll eine Gesamtauswertung der Analyse publiziert werden.“ Vielleicht werden die offenen Fragen ja dort beantwortet.
Zur Pressemitteilung der Macromedia-Hochschule beim Informationsdienst der Wissenschaft (IDW)