Anja Gild – Storytelling

Interview mit Storytelling-Expertin Anja Gild

Storytelling ist die Kunst, Geschichten so zu erzählen, dass der Leser dranbleibt. Wie das funktioniert, weiß Anja Gild. Sie ist Journalistin und Dozentin, unterrichtet Schreiben für Online-Medien sowie klassisches und digitales Storytelling.

Storytelling – was verbirgt sich dahinter?

Ganz einfach: Geschichten. Das können Geschichten im Journalismus, in der Unternehmenskommunikation, in der Werbung, im Marketing oder im Bereich Teambildung beziehungsweise Teamcoaching sein. Ich verwende in meinen Trainings immer die Definition von Marie Lampert und Rolf Wespe aus ihrem Buch „Storytelling für Journalisten“. Darin heißt es: „Storytelling strukturiert das Chaos der Information“. Ich finde diesen Satz ganz wunderbar.

Was will und was kann Storytelling?

Storytelling hilft unter anderem, die Komplexität der Welt oder einzelner Vorgänge anschaulicher und vor allem nachvollziehbarer zu machen. Indem ich eine Geschichte erzähle, mache ich ein Thema transparent, emotional nachvollziehbar. Dadurch kann ich mich mit einem Thema identifizieren und die Inhalte besser abspeichern.

Worin unterscheidet sich Storytelling von der klassischen Reportage?

Die klassische Reportage fällt auch unter Storytelling. Alle erzählenden Formen, ob schriftlich, auditiv, visuell oder mündlich sind Teil des Storytelling – in klarer Abgrenzung zur klassischen Meldung oder Nachricht. Der Bericht wiederum kann schon Storytelling-Elemente enthalten. Lampert und Wespe sprechen in ihrem Buch von „kreativen Elementen der Berichterstattung.“

Wie geht modernes Storytelling?

Modernes Storytelling unterscheidet sich in den Grundelementen nicht vom klassischen Storytelling. Helden, Konflikte, Handlungen, Orte und Dramaturgie sind und bleiben die Basis aller Geschichten. Der Unterschied besteht in den verwendeten Darstellungsformen. Moderne Geschichten erzählen mit Text, Video, Audio, Bildstrecken, Audio-Slides, Infografiken und Musik. Im Aufbau der Geschichte müssen sich die Autoren darüber klar werden, welche Inhalte sie mit welchen Mitteln erzählen. Und im modernen Storytelling verwenden wir oft Contentmanagement-Systeme, die eine Einbindung von Bild-, Video- und Audioelementen überhaupt erst möglich machen.

Glauben Sie, dass im digitalen Zeitalter noch eine Nachfrage nach ausführlichen und hochwertigen journalistischen Geschichten besteht?

Ja, gerade im digitalen Zeitalter sind hochwertige Geschichten wichtig. Und die Nachfrage wird meiner Ansicht nach noch steigen. Gute Geschichten sind im ständigen Flow digitaler Kommunikation wie kleine Inseln. Hier kann sich der Rezipient für einen Moment tiefer einlassen, ausruhen und inspirieren lassen.

Worin unterscheiden sich Storytelling und Scrollytelling?

Scrollytelling ist eine Form des Storytellings. Der User bekommt die einzelnen Bestandteile einer Geschichte über den Prozess des Scrollens serviert. Bei den meisten Scrollytelling-Tools kann der User entscheiden, ob er sich die ganze Geschichte über die Navigation anzeigen lassen soll, um dann in einzelne Kapitel zu springen, oder ob er tatsächlich die Geschichte im Scrollen Inhalt für Inhalt quasi entdeckt.

Charakteristisch für Longform-Journalismus ist die Verwendung von multimedialen Elementen wie Videos, Audios, Animationen, Grafiken oder datenjournalistischen Anwendungen. Welche Elemente wenden Sie in Ihren Geschichten an?

Ich selbst erzähle Geschichten ohne alles, unmittelbar, freimündlich. Da ist kein Papier, kein Video, einfach nichts. Die Geschichten, die ich als Beispiele in meinen Trainings zeige, verwenden in der Regel alle Elemente. Multimedial erzählte Geschichten sollten abwechslungsreich sein. Allerdings nicht „auf Teufel komm raus“. Sonst wird es zu unruhig.

Wo wird Storytelling online eingesetzt?

Eigentlich überall. Newsportale wie Spiegel Online oder auch Zeit Online setzen Storytelling online ein. Der WDR und auch der BR arbeiten online mit Storytelling. Auch im Unternehmenskontext werden Contentmanagement-Systeme verwendet, die Content im Scrolling-Verfahren anbieten. Natürlich muss eine Redaktion oder auch eine Unternehmenskommunikation entscheiden, ob sich der zeitliche und vielleicht auch der finanzielle Aufwand für eine gute Online-Story lohnt. Im Zweifelsfall wird Storytelling online da eingesetzt, wo Themen langfristig, überzeugend und breitenwirksam kommuniziert werden sollen.

Wie beurteilen Sie den Wert von Storytelling?

Das hängt völlig vom Kommunikationsziel und auch der Zielgruppe ab. Nicht jede Zielgruppe wird mit Geschichte erreichbar sein. Die Empfehlung lautet, je fachspezifischer Zielgruppen sind, desto weniger benötigen sie Storytelling. Wobei ich diese Aussage nicht immer unterstreichen würde. Auch beim Fachpublikum können Geschichten flankierend zu einer mehr informationsorientierten Kommunikation eingesetzt werden. Der Wert des Storytellings hängt auch mit der Suchmaschinenoptimierung zusammen: Je länger User in einer Geschichte verweilen, desto besser ist das für das Ranking. Und das wirkt sich dann wieder auf das Thema Anzeigenkunden aus.

Geht Online-Journalismus noch ohne Storytelling?

Klar. Storytelling ist nicht immer und überall das Mittel der Wahl. Das muss genau abgewogen werden. Aber ich würde mich mit dem Phänomen „Storytelling“ sehr wohl auseinandersetzen, bevor ich mich in einer Redaktion oder einer Agentur bewerbe. Es gehört aus meiner Sicht heute zum Handwerkszeug eines jeden guten Journalisten.

Das Interview führte Susann Niedermaier.

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Thomas Leidel – Social Media

Viele Einsteiger im Bereich Onlinejournalismus haben sie nicht im Blick: soziale Medien. Doch Onlineredakteure ohne Profile in Netzwerken wie Facebook, Twitter, Instagram oder Linkedin haben ein Problem: Sie verpassen wichtige Möglichkeiten, ein Publikum zu erreichen. Sie erfahren nicht, wie ihre Leser ticken. Wie wichtig soziale Medien sind, hat uns Thomas Leidel erklärt. Wir haben den Chef der Social-Media-Redaktion von NTV.de im Urlaub erreicht.

Interview mit Social-Media-Experte Thomas Leidel

Martin Wagner – Trimedialität

Martin Wagner ist Hörfunkdirektor des Bayerischen Rundfunks. In dieser Funktion ist er maßgeblich am trimedialen Umbau des BR beteiligt. 

Er wurde 1954 in Würzburg geboren und sammelte zunächst Erfahrungen im Printjournalismus, ehe er 1979 im BR-Regionalstudio Mainfranken in Würzburg als Redakteur anfing. Ab 1989 leitete er das ARD-Hörfunkstudio Tel Aviv. Nach einer Zwischenstation im Funkhaus in München war er erneut als Korrespondent im Ausland tätig: dieses Mal als Leiter des BR-Hörfunk-Gruppenstudios in Washington. 2006 wurde Wagner stellvertretender Leiter der Abteilung „Nachrichten und Verkehr“ im Hörfunk, ehe er 2008 die Leitung der Redaktion „Politik, Studios Berlin und Ausland“ übernahm. Seit August 2009 leitete Martin Wagner das Studio Franken und wurde 2014 Hörfunkdirektor des Bayerischen Rundfunks.

Interview mit BR-Hörfunkdirektor Martin Wagner

Bettina Pelzer – Technik im Web

Bettina Pelzer ist Expertin für die Technik hinter Websites
Interview mit Webtechnik-Expertin Bettina Pelzer

Um journalistische Beiträge online auf einem Blog oder der eigenen Webseite anzubieten, braucht es einiges an Technik im Hintergrund. Alles nicht so tragisch, meint Webexpertin Bettina Pelzer. Im Interview erklärt sie, was wichtig ist.

Was brauchen Journalisten an Technik im Hintergrund, um redaktionelle Inhalte anzubieten?

Eine eigene Domain oder einen eigenen Account bei einem Blog-Anbieter wie Blogger oder WordPress. Für eine eigene Webseite benötigt man neben der Domain auch einen eigenen Webspace bei einem Provider. Über diesen lässt sich recht einfach und komfortabel eine Webseite auf Basis von Web-Baukästen oder Content-Management-Systemen (CMS) wie WordPress oder Joomla aufbauen. WordPress ist prädestiniert für die Einrichtung eines eigenen Blogs. Es gibt eine riesige Menge an kostenlosen oder günstigen Vorlagen (Themes), mit deren Hilfe der Journalist zügig seine Inhalte veröffentlichen kann. Kenntnisse in der Bedienung eines solchen CMS sind unabdingbar, aber auch schnell erlernbar.

Was braucht es, um eine Webseite mit Inhalten zu füllen und ins Netz zu stellen?

Als erstes natürlich einen eigenen Computer, um Inhalte zu erstellen und diese in die Webseite/den Blog einzupflegen und zu veröffentlichen. Die Technik im Hintergrund wird in der Regel vom Provider, der das sogenannte Webhosting im Paket anbietet, zur Verfügung gestellt und gewartet. Dazu gehört beispielsweise ein Webserver mit Modulen wie PHP und Datenbanken. Die Internetverbindung sollte gut sein, zu empfehlen sind DSL-Tarife mit guten Datenübertragungsraten.

Welche Formen von Webseiten eigenen sich am besten? Was ist am einfachsten aufzubauen?

Statische Webseiten sind nicht mehr zeitgemäß. Heute wird mit dem Einsatz von Content-Management-Systemen dynamisch Content generiert. WordPress empfehle ich Benutzern, die in kürzester Zeit einen eigenen Blog online stellen wollen. WordPress ist schnell zu installieren und recht simpel zu konfigurieren. Für den Anfang empfehle ich, einen eigenen Blog einzurichten. Schon mit ein paar interessant geschriebenen und gut bebilderten Artikeln fängt die Webseite an zu leben. Wer regelmäßig neuen Content erstellt, wird gut von Suchmaschinen gefunden – dies geht schnell und komfortabel mit einem CMS wie WordPress.

Empfehlen Sie einen der großen oder eher einen kleinen Provider?

Ich persönlich mag es gern lokal und kleiner. Das ist Geschmackssache. Oft suchen sich Unternehmen einen Provider danach aus, welche Betriebsumgebungen er anbietet, ob die Server Linux- oder Windows-basiert sind und so weiter. Ein Kriterium sollte auch ein guter Support sein. Hier kann man ruhig auch Empfehlungen von Kollegen in Betracht ziehen.

Zur eigenen Domain: Welche Endung empfehlen Sie? .de oder .com – oder eine andere?

Beide Domainendungen sind erste Wahl für Unternehmen. Von jeher ist die Endung .com eher für Unternehmen gedacht, die international aufgestellt sind. Die Domainendung .de ist länderspezifisch und deutet auf eine deutschsprachige Webseite hin. Ich würde bei ausschließlich deutschsprachigen Inhalten eher zur Endung .de raten.

Gute DSL-Verbindung oder Standleitung: Wie schnell sollte die Leitung sein?

Weil man mit einer eigenen Webseite oder einem Blog Inhalte ins Internet hochlädt und abruft, sollte die Verbindung eine gute DSL-Verbindung sein. Standleitungen machen aber erst bei größeren Unternehmen oder Agenturen Sinn.

FTP-Zugang – was ist das genau, und wofür ist so ein Zugang nötig?

Mit einem FTP-Zugang habe ich als Benutzer direkten Zugriff auf meinen Webserver. FTP steht für File Transfer Protocol. Mit einer kleinen App kann ich Dateien von meinem Rechner auf den Webserver übertragen, und umgekehrt. Dies ist manchmal notwendig für das Einspielen von Backups oder Updates.

Wozu dient ein Webserver?

Ein Webserver liefert Inhalte ins Internet aus. Um diese Inhalte sehen zu können, braucht es einen Webclient (zum Beispiel einen Webbrowser). Die Dateien einer Website, also html- oder php-Dateien, Bilder usw. liegen physikalisch auf diesem Server.

Was macht ein Proxy-Server?

Ein Proxy-Server wird oft zwischen Webserver und Webclient geschaltet, um die Kommunikation abzusichern oder zu verbessern. Er kann als Filter eingesetzt werden und wird insbesondere oft fürs Caching verwendet. Caching bedeutet das Zwischenspeichern von Inhalten. Damit können Webseiten schneller geladen werden.

Wie sieht Ihr eigener Auftritt aus?

Mein eigener Auftritt ist derzeit meine Firmenhomepage unter https://www.walk-of-frame.de. Es wird aber auch bald einen eigenen Auftritt unter https://www.bettinapelzer.de und unter https://smartphone-akademie.de geben, da ich meine Arbeit als Webmasterin und Trainerin besser positionieren möchte. Mit der Smartphone-Akademie werden mein Lebensgefährte und ich gemeinsam Filmen mit dem Smartphone als Kurs anbieten.

Das Interview führte Susann Niedermaier.

Bettina Pelzer ist seit 2015 als freiberufliche Cutterin, Filmemacherin, Redakteurin, Webmasterin und Dozentin tätig. Nach ihrem Germanistikstudium arbeitete sie in einer Internetagentur als Programmiererin und technische Projektleiterin. Nach einer Weiterbildung zur Videojournalistin an der Stiftung Journalistenakademie Dr. Hooffacker in München wechselte sie in die Selbstständigkeit. Als Inhaberin der Firma Walk of Frame Pictures & Academy GbR konzipiert und produziert sie Imagefilme und Erklärvideos. In Kooperation mit einer Nürnberger Webagentur erstellt und betreut sie Internetseiten, die auf Basis des CMS-Systems WordPress laufen. Als Dozentin unterrichtet sie an der Journalistenakademie die Themen WordPress sowie Filmen und Schneiden mit dem Smartphone. An der Münchner Volkshochschule gibt sie Workshops zum Thema Videos drehen und schneiden für YouTube und Blog.

Stefan Aigner – Blogging

Klassischer Journalismus und Weblogs werden sich immer ähnlicher. Diese Erfahrung hat der langjährige politische Blogger Stefan Aigner aus Regensburg gemacht. Mit seiner kritischen Berichterstattung auf seinem Blog regensburg-digital.de mischt er die Medienlandschaft in der Domstadt auf und bereichert sie. Mehr dazu im Interview mit Stefan Aigner.

Interview mit Blogger Stefan Aigner

Prof. Dr. Christoph Neuberger – Online-Journalismus

Welche Aufgabe hat der Journalismus im Internet, und was brauchen angehende Online-Journalisten ganz besonders? Prof. Dr. Christoph Neuberger forscht und lehrt am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin. Zum Zeitpunkt des Interviews war er am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seine Arbeitsschwerpunkte sind der aktuelle Wandel des Journalismus und die Folgen der Digitalisierung. Im Video spricht er über den Journalismus im Internet.

Interview mit Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Christoph Neuberger

Malte Burdekat – Videojournalismus

Malte Burdekat, Jahrgang 1978, studierte Soziologie, Germanistik, Politische Wissenschaft und Medienwissenschaften. Der Video-Journalist beschäftigt sich mit der Produktion von Fernsehdokumentationen, Industrie- und Imagefilmen, Website-Konzeption sowie PR-Arbeit. Seit 2000 arbeitet er parallel dazu als Dozent an Bildungseinrichtungen, beispielsweise der  Journalistenakademie München und der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, zu Themen wie Videojournalismus und Mobile Reporting.

Interview mit Dozent und Videojournalist Malte Burdekat

Susi Krauseneck – Storytelling

Interview mit Storytelling-Expertin Susi Krauseneck

Susi Krauseneck: Journalistin, Radiomoderatorin und Mediencoach Susi Krauseneck ist seit 15 Jahren Redakteurin und Moderatorin für tagesaktuelle Medien. Sie war bei Radio Arabella und Charivari in München tätig. Heute arbeitet die Expertin für Storytelling als Dozentin, Moderatorin und Medientrainerin. Im Interview beleuchtet sie Storytelling von allen Seiten.

Storytelling – Was verbirgt sich dahinter?

Es ist das Buzzword unserer Zeit, doch die Technik ist uralt. Im Kern geht es um das Transportieren von Weisheiten, Visionen oder Botschaften mittels Geschichten. Ursprünglich stammt Storytelling aus dem Ort, an dem die großen Geschichten mit viel Dramaturgie und Spannungsbogen gedreht werden: Hollywood. Mitte der 90er-Jahre wurde in den USA erstmals die Idee aufgegriffen, die Methodik von Storytelling strategisch auch in Unternehmensbereichen anzuwenden. Im Journalismus gibt es ebenfalls seit langer Zeit spannende Geschichten oder Reportagen. Neu ist das digitale Storytelling mit viel mehr technischen Möglichkeiten in der Umsetzung.

Was will und was kann Storytelling?

Storytelling will inspirieren, begeistern, unterhalten, Emotionen wecken, Identifikation schaffen und Ideen kreieren. Storytelling kann Spannung und Aufmerksamkeit erzeugen, Verständnis generieren, komplexe Sachverhalte erklären, positive Handlungsimpulse auslösen, Gegner oder Partner überzeugen und Visionen vermitteln.

Worin unterscheidet sich Storytelling von der klassischen Reportage?

Eine klassische Reportage kann eine Form von Storytelling sein, muss aber nicht. Beispiel: Eine rein handlungs- oder ortsbezogene Reportage ist noch kein Storytelling, da hier nicht der Mensch im Mittelpunkt steht – und damit steht und fällt Storytelling. Eine Reisereportage aus der Sicht eines Reisenden mit eigenen Erfahrungsberichten und Erlebnissen ist dagegen „echtes“ Storytelling. Ebenso die klassische „Heldenreise“: Auch hier steht der Mensch im Zentrum der Geschichte, ebenso zentral sind die Identifikation mit dem Hauptprotagonisten und die Botschaft am Ende der Story.

Wie geht modernes Storytelling?

Journalisten und Unternehmen bedienen sich beim Storytelling vielfältiger Kanäle: von Instagram-Stories und Podcasts bis hin zu YouTube-Videos. Das Schöne daran: Je mehr unterschiedliche Formate verwendet werden, desto aussagekräftiger und facettenreicher wird die Story. Phantasie oder Kopfkino lassen sich durch Audio-Produkte schaffen, Visualisierungen mit Videos, kurze Handlungsstränge durch Fotostrecken. In der Wissenschaft und Digitalisierung dient Storytelling der Vermittlung von Expertenwissen, im Change-Management oder auch bei agilen Arbeitsprozessen wird es eingesetzt, um unter Mitarbeitern Verständnis zu generieren oder neue Sachverhalte zu transportieren.

Besteht im digitalen Zeitalter noch Nachfrage nach ausführlichen und hochwertigen journalistischen Geschichten?

Unbedingt! Das Eine ersetzt nicht das Andere. Durch die digitalen Möglichkeiten hat sich im Journalismus vieles verändert, wie in so vielen Business-Bereichen. Ohne Frage braucht es im Netz eine gewisse Schnelligkeit und Kürze, um Informationen an die Empfänger zeitgemäß zu transportieren. Wenn ich in der U-Bahn sitze und schnell per Smartphone meine Social-Media-Kanäle durchklicke, sind kurze Textabschnitte von absoluter Relevanz, um den Inhalt schnell zu erfassen. Bei längeren Auto- oder Zugfahrten dagegen höre ich sehr gerne ausführliche Podcasts oder Hörbücher. Die Tiefe der Informationen und der Zeitfaktor stehen hier im Vordergrund. Jedes Format hat seine Berechtigung, ob digital oder analog, ob kurz oder lang. Ich denke, dass im Online-Bereich vieles nicht zu komplex sein darf. Das gilt sowohl für die textliche Aufbereitung als auch für den Inhalt. Eine Geschichte ist nicht erst dann hochwertig, wenn sie besonders ausführlich oder anspruchsvoll ist. Die aktuellen Tagesnachrichten gibt es in der ARD-Tagesschau ausführlich um 20.00 Uhr, die wichtigsten Nachrichten online als Zusammenfassung „In 100 Sekunden“. In der Mediathek findet man gleichzeitig eine Dokumentation über 90 Minuten. Die Frage ist nicht ob, sondern wie Informationen, Interviews, Reportagen oder Nachrichten ihre Form und Berechtigung im Netz finden. Eine Instagram-Story ersetzt keine gut umgesetzte, journalistische Reportage.

Storytelling und Scrollytelling: Wo liegt der Unterschied?

Storytelling ist eine narrative Technik des Geschichtenerzählens, die man in unterschiedlichen Bereichen findet: Journalismus, Speaker, Unternehmenskommunikation, Change-Management, aber auch im Film, in der Werbung oder in der Literatur. „Harry Potter“ und „Matrix“ sind zwei der berühmtesten Storytelling-Heldenreisen aus der Filmbranche. Storytelling funktioniert sowohl digital als auch analog. Scrollytelling ist eine digitale und multimediale Form von Storytelling, die sich vor allem für Journalisten eignet. Hier stehen dem Autor mehrere digitale Kanäle zur Verfügung: Fotos, Videos, Audio und Text. Durch das digitale Scrollen nach unten wird die Geschichte erzählt.

Für welche Inhalte eignet sich Scrollytelling?

Je facettenreicher ein Thema ist, desto besser lässt sich Scrollytelling einsetzen. Ein Beispiel: Ein Interview mit dem Vorstand eines großen deutschen Technologiekonzerns über die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftsrezession eignet sich weniger, da hier Einschätzungen, Fakten, Expertisen oder Zahlen im Vordergrund stehen, nicht die Geschichte oder der Mensch. Ein Feature über einen Protagonisten oder eine Reportage, die vor allem visualisierende Elemente verlangt, eignet sich wiederum hervorragend, denn erst das Zusammenspiel von Bildern, Videos und persönlichen Schilderungen ergeben ein rundes Bild.

Multimedialität: Welche Elemente wenden Sie in Ihren Geschichten an?

Am liebsten alle! Videos, Audios, Animationen, Grafiken und datenjournalistische Anwendungen. Das bringt die größtmögliche Vielfalt, eine Geschichte zu erzählen. Man sieht etwas, man hört etwas, man liest etwas. Wobei ich dabei immer ein großer Fan von Kürze bin. Ich habe 20 Jahre beim Radio gearbeitet und liebe die Möglichkeit, eine Geschichte, ein gutes Gespräch oder auch Informationen spannend und in Kürze auf den Punkt zu bringen.

Wo wird Storytelling online eingesetzt?

Im journalistischen Bereich im Grunde überall. Vom Fernsehen über Zeitung und Zeitschriften bis hin zum Radio geht es um nichts Anderes als Geschichten cross- und multimedial zu erzählen. Unternehmen nutzen Storytelling, um durch Erzähltechnik Pressemitteilungen klarer zu vermitteln, intrapersonelle Prozesse einfacher zu erklären, die Firmengeschichte wirksam auf der Internetseite aufzubereiten, Vorträge spannend zu gestalten, Botschaften bei Verkaufs- oder Investorengesprächen erfolgreich zu positionieren oder Themen wie Diversity möglichst authentisch per Social-Media zu transportieren. Wie wichtig effektives Storytelling auf Führungsebene für Unternehmen sein kann, zeigt das Beispiel Steve Jobs. Seine legendären Storytelling-Auftritte bei Markteinführungen haben die Marke Apple erst richtig erfolgreich gemacht.

Geht Online-Journalismus noch ohne Storytelling?

Warum sollte man auf diese wunderbar unterhaltende Form verzichten? Klar könnte man auch das Netz mit 10-Punkte-Plänen, Checklisten oder Online-Artikeln vollknallen. Aber was wäre der Journalismus ohne eine großartige, spannende, bilderreiche, inspirierende Geschichte, die Sie in eine völlig andere Welt katapultiert?

Mehr über Susi Krauseneck erfahren Sie hier: https://krauseneck.de/

Das Interview führte Susann Niedermaier

Bernd Oswald – Storytelling

Interview mit Storytellling-Experte und Datenjournalist Bernd Oswald

Jede Reportage erzählt eine Story, aber nicht jede Story ist eine Reportage, sagt Bernd Oswald, Digitaljournalist mit einem Faible für neue Erzählformen. Er ist freier Mitarbeiter bei BR24, dem trimedialen Nachrichtenangebot des Bayerischen Rundfunks. Parallel dazu arbeitet Bernd Oswald als Trainer für digitalen Journalismus.

Storytelling – was verbirgt sich dahinter?

Storytelling ist eine Methode, auf anschauliche und emotionale Art Geschichten zu erzählen – idealtypisch am Beispiel von Menschen, die eine interessante Entwicklung durchmachen beziehungsweise durchgemacht haben.

Was will und was kann Storytelling?

Storytelling will Themen personalisieren, denn Menschen sind der kürzeste Weg zwischen einem Thema und dem Publikum. Handlungen, Emotionen, Szenen kommen besser an als reine Fakten.

Worin unterscheidet sich Storytelling von der klassischen Reportage?

Reportagen holen in der Regel weit aus und versuchen, an einem konkreten Beispiel beziehungsweise einem Protagonisten, einen übergeordneten gesellschaftlichen Trend aufzuzeigen. Eine Story kann aber schon eine kleine Episode sein, etwa die Schilderung, wie einem Hobbytüftler die Idee zu einer Erfindung gekommen ist. Storytelling ist also nicht an eine bestimmte Darstellungsform geknüpft. Jede Reportage erzählt eine Story, aber nicht jede Story ist eine Reportage.

Wie geht modernes Storytelling?

Gutes Storytelling sollte man gründlich planen. Ich empfehle folgende Checkliste:

1. Was ist meine Geschichte oder Story? Welche Kernaussage will ich transportieren?

2. Wer ist mein Held oder Protagonist?

3. Zielgruppe festlegen: Wen will ich mit meiner Story erreichen? Welche Ansprache brauche ich?

4. Kanal festlegen: Wo will ich meine Story veröffentlichen? Welche Eigenheiten gibt es?

5. Ereignis zerlegen: Welche spannenden Personen, Zitate, Aktionen, Objekte und Orte gibt es?

6. Dreh- oder Rechercheplan erstellen: Wie beziehungsweise mit welchem Medium kann ich die einzelnen Elemente am besten erfassen?

7. Benötigtes Material recherchieren und produzieren.

8. Geschichte gliedern, zum Beispiel mit einem Storyboard, in dem man für jede Szene den jeweiligen Medientyp (Text, Bild, Video) und den zugehörigen (Sprecher-)Text aufschreibt.

 9. Dramaturgie festlegen: Aus dem Film ist das Konzept der Heldenreise bekannt. Gerade bei größeren Geschichten sollte man auf einen guten Spannungsbogen achten.

10. Story produzieren.

Glauben Sie, dass im digitalen Zeitalter noch eine Nachfrage nach ausführlichen und hochwertigen journalistischen Geschichten besteht?

Ja. Für gute Geschichten wird es immer einen Markt geben. Im Digitalzeitalter ist eine gute Usability besonders wichtig, das heißt, dass sich der Nutzer leicht in der Geschichte zurechtfindet, dass die Navigation selbsterklärend ist. Wobei Storytelling nicht ellenlang sein muss. Es gibt auch Beispiele für kurze Geschichten, gerade die Instagram-Storys.

Wo wird Storytelling online eingesetzt?

Da gibt es unzählige Ansätze und Beispiele. David Schraven und Jan Feindt erzählen die Geschichte der Weißen Wölfe als Graphic Novel. In seinem Podcast Hörfehler lässt sich Nick Kaßner von seinen Gästen die Geschichte eines Fußballvereins erzählen. Der WDR hat dem Bergbau mit der 360-Grad-Story Glückauf ein Denkmal gesetzt. Und schon ein Klassiker sind die Audio-Slideshows von 2470.media/taz, zum Beispiel die ausgezeichneten Berlinfolgen.

Worin unterscheiden sich Storytelling und Scrollytelling?

Der Begriff Scrollytelling ist ein Kofferwort aus Scrollen und Storytelling. Er wird für lange Web-Reportagen und Web-Storys gebraucht, durch die man sich durchscrollt, oft von Kapitel zu Kapitel. Insofern ist Scrollytelling eine Unterform des Storytellings.

Wann wende ich am besten welche Form an?

Das hängt davon ab, um was es in der Story geht, welche Akteure und Schauplätze es gibt, welche Handlungen. Praktisch ist das Multimedia-Storytelling-Tool der Schweizer Journalistenschule MAZ, das anhand eines Flussdiagramms empfiehlt, welches Format sich für welche Inhalte eignet.

Grafiken, Statistiken, Videos, Audios, Animationen – welche Elemente wenden Sie in Ihren Geschichten wann an?

Auch das hängt stark vom Thema ab. Wenn ich eine Datenauswertung gemacht habe, wie bei der Stadionstatistik des TSV 1860 München, dann lassen sich die Ergebnisse am besten als Diagramm präsentieren. Videos eignen sich gut, um Handlungen und Emotionen zu zeigen, sie sind sehr authentisch. Und ganz ohne erklärenden Text geht es so gut wie nie. Es kommt auch immer darauf an, ob man einen oder mehrere Aspekte in einer Story umsetzt. Ein Porträt funktioniert zum Beispiel gut als Stand-alone-Video. Es muss ja nicht immer gleich eine riesige Web-Reportage sein, in die man alle Medientypen einbaut.

Bernd Oswald bloggt über neue (Storytelling-)Trends im digitalen Journalismus auf journalisten-training.de und twittert als @berndoswald. Kürzlich ist sein Buch „Digitaler Journalismus. Ein Handbuch für Recherche, Produktion und Vermarktung“ erschienen.

Das Interview führte Susann Niedermaier.

Slide-Show

Slideshow – ein Bild und noch ein Bild und noch ein Bild

Besonders im Sommer kann man so manche Familie leicht traumatisiert durch unsere Städte laufen sehen. Dann ist klar: Wieder einmal sind bedauernswerte Menschen der Fotosucht ihrer Freunde zum Opfer gefallen und haben eine Urlaubsfotoshow überlebt. Früher waren solche Bilder auf Fotopapier und in Alben sortiert, heute sind sie aus Daten und befinden sich in einer Digitalkamera oder auf dem PC.

Wenn sich Bild an Bild reiht

Wer seine Freunde besonders mag, macht aus digitalen Bildern eine Slideshow. Nicht nur, weil das Durchschauen schneller geht – die Digitalversion belegt auch weit weniger Platz als ein Fotoalbum. Bei einer Slideshow werden mehrere Bilder aneinandergereiht und dann wie ein kleiner Film gezeigt. Richtig gut an kommt sie mit zusätzlichen Audioelementen. Eine Slideshow ist praktisch ein Video, nur werden in einem Video Bewegtbilder gezeigt, während die Bilder in der Slideshow statisch sind.

Slideshow für Online-Redakteure

Aber was soll das im Online-Journalismus? Ganz einfach: Slideshows lassen sich ganz leicht in ein CMS einbinden. Ein Hersteller möchte zum Beispiel ein Produkt vorstellen. Dann lassen sich mit einer Slideshow leicht Entstehungsgeschichte, Herstellung und Verkauf in einer kleinen Bilderfolge präsentieren. Das ist billiger und einfacher als eine Videoproduktion. Und der Kunde ist schneller informiert.