OC&C Studie: Generation Web sieht nicht mehr fern

Das Konsumverhalten im Hinblick auf bewegte Bilder wird durch Internet-Angebote, Speichermedien und neue Software-Angebote beeinflusst. Dies führt dazu, dass der Bewegtbild-Konsum zwar insgesamt wächst, aber die klassischen Fernsehanbieter profitieren von dieser Entwicklung nicht. Im Gegenteil, sie verlieren kontinuierlich Marktanteile und absolute Reichweite. Das klassische Konsummuster, in dem die Zuschauer ein von den Fernsehanstalten definiertes Programm in den eigenen vier Wänden zu einer vorgegebenen Zeit konsumieren, verändert sich derzeit stark. Immer mehr Zuschauer rufen bewegte Bilder – unabhängig von bestimmten Orten und festen Zeiten – über das Internet, mobile Endgeräte sowie Festplatten- bzw. DVD-Rekorder ab.

Generation Web: Jugend sieht nicht mehr fern
Durch die Möglichkeit, bewegte Bilder aus dem Internet auch über das Fernsehgerät zu sehen (oder umgekehrt Fernsehinhalte über den PC), konkurrieren die beiden Medien nicht nur um die Zeit Nutzer, sondern stehen zunehmend im direkten Wettbewerb innerhalb eines Segments. Junge Nutzer rufen bewegte Bilder heute mit großer Selbstverständlichkeit im Netz ab: 90 Prozent der 14- bis 19-Jährigen nutzen die Angebote von YouTube, MyVideo oder Clipfish. Das Angebot der Videoportale umfasst dabei vermehrt Vollformate von TV-Sendern – komplette Sendungen bzw. Folgen wie das „Heute Journal“, „Maybrit Illner“, „Germany’s Next Topmodel“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ können im Internet angesehen werden. Im März 2010 haben insgesamt 34 Mio. Unique User in Deutschland Videoportale besucht. Das am stärksten genutzte Videoportal in Deutschland ist mit 27,1 Mio. Unique Usern YouTube. Eine Betrachtung der jungen Zielgruppen zeigt: Das Internet hat das Fernsehen dort als das meist genutzte Medium bereits abgelöst.

Online-Anschluss verpasst: Perspektiven für Fernsehsender
Das werbefinanzierte Geschäftsmodell steht im Zeitalter des Vorspulens und Überspringens von Werbung auf der einen Seite und von dem Vormarsch von Performance-Modellen auf der anderen Seite auf wackeligen Füßen. In der neuen Welt des Fernsehens lassen sich vier Finanzierungsmodelle unterscheiden: „Mit Blick auf die Werbung im Internet werden Overlays oder gesponserte Channels neben klassische Broadcasting-Modelle treten. Ein zweites Modell basiert auf Zahlungen einer Gebühr für den Download gewünschter Inhalte. Eine dritte Möglichkeit stellen Abo-Modelle dar, die IPTV-Anbieter gegenwärtig bevorzugen. Und viele Hardware-Anbieter setzen derzeit auf Mischmodelle, die nicht den finanziellen Nutzen von Werbung und Inhalten in den Vordergrund rücken, sondern den Verkauf ihrer Geräte“, erklärt Michael Rzesnitzek.

Die aktuelle Studie kann hier kostenlos als PDF angefordert werden.
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Zum Tod von Walther von La Roche

Am 9. Mai 2010 ist Walther von La Roche gestorben – der Gründer und Herausgeber der Reihe Journalistische Praxis, der Journalismus-Lehrer, der langjährige Nachrichtenchef des Bayerischen Rundfunks. Ich habe mit Walther 20 Jahre zusammen gearbeitet, gestattet mir deshalb einige persönliche Anmerkungen.

Ich habe Walther im März 1990 kennen gelernt. Ich hatte damals allen ARD-Nachrichtenredaktionen geschrieben, dass ich auf der Suche nach Material über Nachrichten sei . Die meisten Nachrichtenchefs schickten mir auch Material – bis auf Walther. Der schrieb in seinem wundervollen ruppigen Ton zurück, er habe schon dies und das. Aber das solle ich mir gefälligst selbst abholen. Und so bin ich auf seine Einladung für eine Woche nach München gefahren. Er war meine erste Reise in den Westen. Und bei stundenlangen Gesprächen in seinem Büro und im Augustinerkeller hat er mir alles über Nachrichten und das Radio erzählt, und über das Leben überhaupt.

Das vergangene Wochenende habe ich wehmütig vor großen Papier-Stapeln zugebracht. Es handelt sich um das Nachrichtenarchiv von Walther von La Roche, das er mir vor ein paar Jahren geschenkt hat. In seinem Haus in München hatten Walther und ich nach einem alten Manuskript gesucht, da sagte er plötzlich und betont zornig: „Ach, Junge, was mühe ich mich hier ab. Nimm den ganzen alten Krempel, ich kann das sowieso nicht mehr gebrauchen.“ Und wir beide wussten, dass er mir damit einen großen Schatz vererbte.

Walthers Nachrichtenarchiv: Das sind Broschüren, Aufsätze, eigene Manuskripte, Zeitungsausschnitte, Seminarvorbereitungen, Briefe und vor allem unzählige handschriftliche Notizen, zu allem, was ihm zu Nachrichten ein- oder aufgefallen ist, vom Konjunktiv bis zur Synonymsucht, die es ihm besonders angetan hatte. Wer länger als fünf Minuten mit Walther redete, kannte diese Szene: Walther zückte plötzlich ein kleines Büchlein, nahm einen Stift und kritzelte seine Notiz auf ein buntes Zettelchen. Irgendwo tauchte das dann wieder auf: In einem Vortrag, einem Aufsatz, in einem seiner Bücher oder 10 Jahre später bei einem Gespräch: „Du hattest doch damals am…“

Walthers Nachrichtenarchiv werde ich mir in den nächsten Wochen noch einmal intensiv ansehen. Hier nur einige Anmerkungen zu ein paar Fundstücken.

Bevor Walther 1978 sein Amt als Nachrichtenchef antrat, gab es ein Gespräch mit seinem Chef, in dem er seine Grundsätze darlegen wollte. Walther hatte – wie immer glänzend vorbereitet – seine Positionen notiert, mit der Schreibmaschine auf DIN-A-5-Zetteln: „Für mein Gespräch mit Netzer im Augustiner“. Seine Notizen zeigen, dass er von der Nachricht etwas verstand und dass er in seinem neuen Amt viel bewegen wollte. Ein kleiner Auszug: „Größere Verständlichkeit, stärkere Berücksichtigung von Nachrichten aus Bayern, eigene Recherchen, Rechercheur vom Dienst, erklärende Einschübe, Versuche mit verschiedenen Formen von Nachrichtensendungen, Abbau des Nachrichtenghettos durch stärkere Durchlässigkeit, befristete Tätigkeit von Nachrichtenredakteuren als Korrespondenten oder Reporter, Entdeckung neuer Talente, Erarbeitung gemeinsamer Redaktionsstandards, Personalverstärkung, Schritte der HA in Richtung auf einen Aktuellen Dienst…“

Das waren die Grundsätze, für die Walther 18 Jahre lang gefochten hat, nicht nur beim BR, sondern auch im Kreis der ARD-Nachrichtenchefs. In dieser Runde war Walther von La Roche der unangefochtene Wortführer. 1979 verfasste er gemeinsam mit seinen Kollegen ein Papier, das für Schlagzeilen sorgte. Auf 15 bemerkenswerten Seiten forderten sie „klare Zukunftsperspektiven für die Nachrichtenredaktionen“, die „angesichts der programmlichen und technischen Veränderungen personell und finanziell ausgestattet werden müssen“.

„Die Nachricht ist die Grundlage und die Krönung des Journalismus“, hat Walther von La Roche bereits 1976 geschrieben. Für ihn war das keine Floskel. Mit seiner Leidenschaft für die Nachricht hat Walther mehrere Generationen junger Journalisten angesteckt, auch mich.
Dietz Schwiesau

Ausgezeichnet: Patrick Illinger, Autor der Gelben Reihe

Der Wissenschaftsjournalist Patrick Illinger von der Süddeutschen Zeitung, Redaktion Wissen, hat den Werner und Inge Grüter-Preis für gelungene Wissenschaftsvermittlung zugesprochen bekommen. Mit dem mit 10.000 Euro dotierten Preis werden Arbeiten ausgezeichnet, die das Ziel haben, wissenschaftliche Ergebnisse über die Grenzen der jeweiligen Disziplin bekannt zu machen. Patrick Illinger hat mehrere Beiträge zum Lehrbuch Wissenschafts-Journalismus der Reihe Journalistische Praxis verfasst.
Infos: www.maecenata.eu.