Systematik

Darstellungsformen im Online-Journalismus

Onlinejournalistischen Content teilt diese Handbuch in zwei Kategorien ein: die interaktiven und die partizipativen Formen und Formate. Nutzer können online grundsätzlich zwei Dinge tun: erstens Vorgegebenes abrufen, das heißt: mit einem Server interagieren, zweitens mit anderen Nutzern sowie der Online-Redaktion interagieren. Der User interagiert beim Surfen durch Hypertext mit dem Server – deshalb sprechen wir von interaktiven Formen, die von Journalist/innen gestaltet werden. Als partizipativ sind dem gegenüber diejenigen Formen anzusehen, bei denen mindestens zwei Menschen sich über digitale Plattformen austauschen, vom Chat über Twitter bis zur Community.

Die interaktiven journalistischen Darstellungsformen teilen wir ein ein die informierenden, die kommentierenden und die Service-Formen. Darunter fallen beispielweise Chatbots.

Bei den partizipativen Formen und Formaten unterscheiden wir fünf Schichten der partizipativen Beteiligung:

Schicht 1: Crowdsourcing bei Themenfindung und Recherche
Schicht 2: Add-on Reporting
Schicht 3: Redaktionell begleiteter Citizen-Journalismus
Schicht 4: Bloghouse – Platz fürs Publikum
Schicht 5: Redaktionell selbstständiger Citizen-Journalismus
Mehr dazu im Buch.

Blogs oder Podcasts verstehe ich nicht als Darstellungsformen, sondern als digital definierte Formate, die mit journalistischen Inhalten gefüllt werden können.

Wer spricht denn da? Die „Textperson“

Die „Textperson“ ist das Übersetzungs-Werkzeug für Autorinnen und Autoren dokumentarischer Filme. Sie gibt dem Filmtext eine filmische Gestalt, die weit über den früher gewohnten „Kommentar zum Bild“ hinausreicht. Jetzt gibt es erstmals ein Buch in der Reihe Journalistische Praxis, das dieses Werkzeug vorstellt und zeigt, wie man es einsetzt.

Durch die Textperson gewinnen Autor/innen professionelle Distanz zu sich selbst und Nähe zum Publikum. Autor/Regie kann mit der Textperson die eigene erzählerische Haltung vielfältiger gestalten, als wenn man sich allein auf das eigene „Dabei-Gewesen-Sein“ stützen müsste. Die persönliche Authentizität kann durch die Authentizität und Plausibilität der Textperson wirksam werden, ohne dass man die Grenzen des eigenen Ich eingestehen müsste. Die Zuschauer/innen werden nur dem gehörten Filmtext begegnen; Autoren* können diese Chance kreativ nutzen.

Gregor Alexander Heussen ist Autor und Regisseur von dokumentarischen Filmen und Coach für Dokumentarische Dramaturgie und Filmtext. Er war Ausbildungstrainer beim NDR, BR, SWR, Deutsche Welle; und Coach für journalistische Redaktionen in Öffentlich-rechtlichen Fernsehhäusern. Bei der ARD-ZDF medienakademie, in der Filmakademie Ludwigsburg, der HFF München und der HTW Chur hat er als Dozent Kurse für Film-Abnahme, Filmtext und Dokumentarische Dramaturgie gegeben. Als Filmemacher hat er den Adolf Grimme-Preis und den Wilhelmine Lübke-Preis erhalten. Den „Erzählsatz“, die „Textperson“ und die „Roten Fäden“ hat er als dramaturgische Werkzeuge etabliert.

Beim Verlag Springer VS kann man das Buch als Softcover oder als E-Book bestellen.

Slide-Show

Slideshow – ein Bild und noch ein Bild und noch ein Bild

Besonders im Sommer kann man so manche Familie leicht traumatisiert durch unsere Städte laufen sehen. Dann ist klar: Wieder einmal sind bedauernswerte Menschen der Fotosucht ihrer Freunde zum Opfer gefallen und haben eine Urlaubsfotoshow überlebt. Früher waren solche Bilder auf Fotopapier und in Alben sortiert, heute sind sie aus Daten und befinden sich in einer Digitalkamera oder auf dem PC.

Wenn sich Bild an Bild reiht

Wer seine Freunde besonders mag, macht aus digitalen Bildern eine Slideshow. Nicht nur, weil das Durchschauen schneller geht – die Digitalversion belegt auch weit weniger Platz als ein Fotoalbum. Bei einer Slideshow werden mehrere Bilder aneinandergereiht und dann wie ein kleiner Film gezeigt. Richtig gut an kommt sie mit zusätzlichen Audioelementen. Eine Slideshow ist praktisch ein Video, nur werden in einem Video Bewegtbilder gezeigt, während die Bilder in der Slideshow statisch sind.

Slideshow für Online-Redakteure

Aber was soll das im Online-Journalismus? Ganz einfach: Slideshows lassen sich ganz leicht in ein CMS einbinden. Ein Hersteller möchte zum Beispiel ein Produkt vorstellen. Dann lassen sich mit einer Slideshow leicht Entstehungsgeschichte, Herstellung und Verkauf in einer kleinen Bilderfolge präsentieren. Das ist billiger und einfacher als eine Videoproduktion. Und der Kunde ist schneller informiert.

Interview

Interview – online wird alles anders

Im Online-Journalismus stößt das einfache Frage-Antwort-Interview an seine Grenzen. Das liegt am veränderten Nutzerverhalten: Die meisten Leser wollen nicht mehr lange Interviewtexte konsumieren, sondern nur noch die Inhalte, die für sie interessant sind. Ein Online-Redakteur sollte darum die Möglichkeiten kreativ nutzen, die ihm zur Verfügung stehen. Das bedeutet zum Beispiel bei einem schriftlichen Interview, für jedes neue Thema eine Unterüberschrift zu wählen.

Riesenchance: Faktencheck

Ein Interview im Radio oder in einer Zeitung gab früher die Meinung des Interviewpartners wieder, sonst nichts. Das Interview von heute kann zum Beispiel weiterführende Links, zusätzliche Grafiken, Bilder oder auch Videos enthalten. So kann die Ansicht des Interviewpartners untermauert oder widerlegt werden.

Leser diskutieren mit

Ein Interviewpartner muss sich heute darauf einstellen, dass seine online geäußerte Meinung diskutiert wird. Ein schriftliches Interview sollte nie ohne Kommentarfunktion erscheinen, der Interviewpartner sollte darüber ausdrücklich informiert werden.

Sonderfall: Audiointerview

Manche Radiosender verbreiten immer noch Interviews im Programm oder in Podcasts, die am Telefon geführt werden. Das ist eine Zumutung für das Ohr des Hörers, der zum Beispiel einen Podcast mit Kopfhörern konsumiert. Für eine bessere Qualität von Interviews gibt es zahlreiche Tools wie das Programm Skype; zudem ermöglichen sowohl der Facebook-Messenger als auch Whatsapp Audio- und Videotelefonate in bester Qualität.

Interviews: Grundlagen

Wer alles über Fragestellung, Interviewführung und -bearbeitung wissen möchte, findet Antworten im Standardwerk „Interviews führen“ von Mario Müller-Dofel sowie auf der Website zum Buch.

Eine interessante Quelle für hörbare Interviews ist das Online-Radio detektor.fm. Die meisten Interviews gibt es dort auch als Podcasts.

Nachricht

Nachricht: Berichten, nicht richten

»When a dog bites a man, that’s not news, but when a man bites a dog, that’s news.«

Auch im Online-Journalismus gilt dieser Grundsatz des amerikanischen Journalisten John B. Bogart. Nachrichten sind Neuigkeiten. In den digitalen Medien sind sie aktueller, schneller, immer und fast überall abrufbar. Allerdings kann es bei den digitalen Medien leicht dazu kommen, dass wichtige Informationen in der großen Menge des Angebots untergehen. Deshalb ist es wichtig, im Netz überhaupt wahrgenommen zu werden. Die zentrale Frage ist: Wie verteilt man die Information auf Teaser, Überschrift und Text?

Der Teaser ist ein dreizeiliger oder bis zu 150 Zeichen langer Text auf der Übersichtsseite des jeweiligen Nachrichtendienstes, der die wichtigsten Informationen aus der eigentlichen Nachricht präsentiert. Viele Nachrichten-Sites übernehmen als Teaser den Anfang des Beitrags. Das setzt voraus, dass er die wichtigsten W-Fragen und die Kernaussage der Nachricht enthält.

Die Information steht im Vordergrund. Die gesamte Nachricht, die der User durch einen Klick auf den Teaser aufrufen kann und die auf einer separaten Seite erscheint, ist dann ausführlicher. Kennzeichnend für informierende Texte im Web ist die unterschiedliche Informationstiefe. Anders als im klassischen Journalismus wird im Online-Journalismus überwiegend mit Hyperlinks gearbeitet, die das Auffinden von ergänzenden Informationen erleichtern sollen.

Wichtig bleibt: Für den User muss erkennbar sein, wo Fakten wiedergegeben werden und wo Meinung geäußert wird. Berichten, nicht richten ist Aufgabe des Nachrichtenredakteurs.

Storytelling

Die Macht guter Geschichten

Storytelling greift die uralte Methode des Geschichtenerzählens auf. „Im Kern geht es um das Transportieren von Weisheiten, Visionen oder Botschaften mittels Geschichten“, sagt Susi Krauseneck, Journalistin und Expertin für Storytelling. Es bietet die Möglichkeit zum interaktiven Geschichtenerzählen – mithilfe von Videos, Texten, Fotos, Slideshows, Animationen oder Multimedia-Reportagen.

 „Gerade im digitalen Zeitalter sind hochwertige Geschichten wichtig“, meint  Anja Gild. Sie ist Journalistin und Dozentin, unterrichtet Schreiben für Online-Medien sowie klassisches und digitales Storytelling. „Für gute Geschichten wird es immer einen Markt geben“, bestätigt Bernd Oswald, Digitaljournalist mit Faible für neue Erzählformen.

Interviews mit den drei Storytelling-Experten finden Sie hier:  

Anja Gild

Susi Krauseneck

Bernd Oswald